Rezensionen - Tschernobyl

tschernobylbundesadler

"...Diplomaten für weltweite Verbreitung von Schuchardts Tschernobyl-Stimmen..."

Gemeinsame Erklärung der Botschafter von Belarus,
Ukraine und BR Deutschland, Bonn 1995

Der 26. April 1986 ist ein schreckliches Datum: Der Tag, an dem die Katastrophe von Tschernobyl begann. Der 26. April 1986 bedeutet aber auch noch etwas anderes, etwas unendlich Gutes: Dieser Tag löste eine Bewegung außerordentlich tatkräftiger Solidarität mit den Opfern der Katastrophe aus. Unzählige deutsche Bürger, Gruppen von Bürgern, Gemeinden, ja Bundesländer stellen seitdem ihre tatkräftige Unterstützung unter Beweis, mit den Opfern bei der Bewältigung der Katastrophe zusammenzuarbeiten.
Es ist verständlich, daß sich Solidarität und Hilfe zunächst vor allem denjenigen Opfern zuwenden, die sich am wenigsten selbst helfen können: den Kindern. Und so wurden Tausende von Tschernobyl-Kindern nach Deutschland eingeladen, lebten in Familien, spielten mit ihren Altersgenossen, tollten im grünen Gras, erholten sich einige Wochen unbeschwert von der psychischen Last des Lebens in ihrer radioaktiv verpesteten Heimat.
Es ist geradezu absurd, daß gewisse Kreise die Einladung von Kindern mit dem Argument zu unterbinden suchen, die Kinder seien nach der Rückkehr in ihre Heimat einem “Kulturschock“ ausgesetzt, der zu einer Beschädigung ihrer Seele führe. Vermutlich ist es manchen Leuten nicht recht, daß die Kinder mit einem anderen, positiven Bild vom Leben in Deutschland und von den Deutschen zurückkommen als es eine politische Propaganda über lange Jahre zeichnete. Aber es ist müßig über die Motive der Widersacher zu spekulieren, sie sind sicher vielfältigerer Art.
Wir, die Botschafter, haben aber nicht den Eindruck gewonnen, als hätten die Kinder nach der Rückkehr in ihre Heimat einen für sie nicht verkraftbaren “Kulturschock“ erlitten. Aber das war bisher nur der “Eindruck“ von Diplomaten, den sie im einzelnen nicht belegen konnten. Es ist deshalb von großem Nutzen und außerordentlich wichtig, daß diese Studie von Prof. Dr. ERIKA SCHUCHARDT erarbeitet wurde, die die Kulturschockbehauptung anhand von hunderten von Beispielen überzeugend widerlegt. Wir haben auf diese Dokumentation der Stimmen aus Tschernobyl schon lange gewartet, wir brauchen sie und werden sie weltweit verbreiten.
Allein die Bezeichnung “Kulturschock“ ist ja schon schief und zeigt, wie schlampig die Widersacher arbeiten. Wenn, dann müßte man wohl eher von einem “Zivilisations-Schock“ sprechen, wenn auch gleichfalls unzutreffend.
Wohlgemerkt, wir wollen hier nicht behaupten, daß sich die Kinder nur im Ausland erholen sollten, das wäre unvernünftig. Ebenso wichtig ist es, daß in der Republik Belarußland und in der Ukraine selbst Zentren entstehen, in denen sich Kinder erholen können, so wie etwa das Zentrum Nadeschda (“Hoffnung“) bei Minsk und andere Initiativen rund ums Kind. Die Folgen der Katastrophe von Tschernobyl sind zu schrecklich, als man bei der Zusammenarbeit zur Überwindung ihrer Folgen auch nur irgendeine Möglichkeit ungenutzt lassen darf.
Tschernobyl hat in Deutschland eine breite Bewegung der Solidarität, der Hilfe und Zusammenarbeit, der menschlichen Kontakte, gegenseitigen Verständnisses, ja der Freundschaft entstehen lassen. Der Elan läßt nicht nach. Die Stärke der Bewegung nimmt eher noch weiter zu. Darum trifft ERIKA SCHUCHARDT´s Aussage zu: “Die stille Revolution der Kinder von Tschernobyl.“ So ist an der Basis der Völker eine mächtige Friedensbewegung entstanden. Die Basis der Völker verwirklicht bereits das, was sich die Regierungen zum langfristigen Ziel gesetzt haben: Gute Nachbarschaft, Zusammenarbeit, gegenseitiges Verständnis, Versöhnung, Freundschaft.

ALEXANDER RUCHLIJA
Gesandter der Republik Belarußland in der Bundesrepublik Deutschland
GOTTFRIED ALBRECHT
Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Republik Belarußland
YURIY KOSTENKO
Botschafter der Ukraine in der Bundesrepublik Deutschland
DR. ALEXANDER ARNOT
Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Ukraine