Rezensionen - Warum gerade ich...?

uni mainz

Prof. Dr. Johannes Reiter, Kath. Theologie und Ethik, Mainz
Grußwort Symposium Universität Mainz, 2000


... Lebensgeschichtlich orientierte Theologie wird hier in einer Weise greifbar, wie man es nur selten in wissenschaftlichen Publikationen findet ... Dabei wird deutlich, dass der christliche Glaube einen Weg eröffnet, der zwar nicht alle Fragen und Rätsel des Menschseins beantwortet, der aber hilft, das Leben – gerade in seinen zuweilen tragischen Dimensionen – anzunehmen und als Herausforderung zu begreifen ... Damit ist das Buch nicht nur individual, sondern auch sozial-ethisch von großem Wert ...

Rezension: Lebensgeschichtlich orientierte Theologie

Praktische Lebenserfahrung bildet den Ausgangspunkt dieses Buches. Die Verfasserin versteht es, den Leser einfühlsam in die Lebens- und Leidenswelt von Krisen betroffener Menschen und ihrer Angehörigen einzuführen. Die paradigmatisch vorgestellten Auto-/Biographien ermöglichen auch nicht unmittelbar von einer Krise betroffenen Menschen einen authentischen Einblick in einen Bereich, der oft verstellt ist - durch Scham, Berührungsängste und falsches Mitleid. Dabei wird deutlich, dass der christliche Glaube einen Weg eröffnet, der zwar nicht alle Fragen und Rätsel des Menschen beantwortet, der aber hilft, das Leben – gerade in seinen zuweilen tragischen Dimensionen – anzunehmen und als Herausforderung zu begreifen, aus der Einzelne gestärkt hervorgeht und so auch für andere zum echten Lebenspartner werden kann. Damit ist das Buch nicht nur individual, sondern auch sozial-ethisch von großem Wert.

Die kenntnisreiche Darstellung bewegt sich auf einem hohen, wissenschaftlich fundierten Niveau und ist dennoch gut verständlich, spricht den Leser persönlich an. Das Buch fordert die Integrierung mit Behinderung in unserer Gesellschaft, weil es dazu beiträgt, Berührungsängste abzubauen und ein tiefes Verständnis schafft für die eigentlichen Nöte und Ängste betroffener Menschen. Dem Leser erschließt sich beim Lesen in anschaulicher Weise die eigentliche Bedeutung des Wortes Krise im Sinne von Wendepunkt, Wandlung und Neuorientierung. Nur aus Mit-Erfahren, Mit-Erleben und Mit-Leiden kann echte Wegbegleitung erwachsen, die dann für alle, die sich diesem Prozess öffnen, zu einer glückvollen Erfahrung werden können.

Das Buch von E. Schuchardt provoziert, ohne aufdringlich zu sein. Es ist eine wertvolle Lektüre, die die Lebenssituation von Krisen betroffener Menschen verstehen hilft und die auch noch nicht betroffenen Menschen eine wertvolle Hilfe zur Lebensbewältigung sein und so gesellschaftsverändernde Impulse geben kann. Lebensgeschichtlich orientierte Theologie wird hier in einer Weise greifbar, wie man es nur selten in wissenschaftlichen Publikationen findet.

Für die weitergehende Information über dieses Thema bildet auch die ausführliche, systematisch gut aufbereitete „Bibliographie der Biographien und Auto-Biographien zur Krisenverarbeitung von 190 bis zur Gegenwart eine große Hilfe. Auch von daher ist das Buch zu empfehlen.